7.9.51

Der Verlorene (Peter Lorre, 1951)

»Wir sind die Letzten.« Zwanzig Jahre, nachdem er in Fritz Langs »M« einen Triebtäter spielte, die vielleicht eindrücklichste Darstellung eines pathologischen Mörders in der Geschichte des Kinos, dreht Peter Lorre, aus dem amerikanischen Exil vorübergehend nach (West-)Deutschland zurückgekehrt, seinen ersten – und, wie sich zeigen wird, einzigen – Film als Autor und Regisseur, mit sich selbst in der Hauptrolle: die Geschichte eine Triebtäters. Wo Lang Bericht gibt von einer Hetzjagd, an der sich eine ganze Stadt beteiligt, wo er die bevorstehende Pervertierung des Rechts durch die Nationalsozialisten prophezeit, erzählt Lorre, inspiriert von einer kurzen Zeitungsmeldung aus der Rubrik »Vermischtes vom Tage«, über einen Mann, der für seine blutige Schuld nicht büßen darf, der sterben will und doch leben muß. Im Kriegsjahr 1943 erfährt der Hamburger Wissenschaftler Rothe, daß seine Geliebte nicht nur Forschungsergebnisse an den Feind verriet, sondern sich auch auf eine Affäre mit seinem Assistenten Hoesch (Karl John) einließ, der das Labor heimlich für die Abwehr überwacht. Von Wut und Abscheu erfaßt, wird der sanfte Doktor zum Mörder, den es, wegen seiner Bedeutung für das Regime von Strafe verschont, bald schon zur Wiederholung der Tat drängt. Erst nach dem Krieg, als er, unter falschem Namen in einem Flüchtlingslager als Arzt praktizierend, noch einmal seiner Nemesis Hoesch begegnet, gelingt es Rothe endlich, aus dem Schatten der Vergangenheit zu treten. Zwanzig Jahre nach Langs visionärer Ahnung des Schreckens, spricht Lorre, mit resigniert zerknautschtem Gesicht, schwermütig hervorquellenden Augen, weicher singsangender Stimme, ein düsteres Nachwort.

R Peter Lorre B Peter Lorre, Benno Vigny, Axel Eggebrecht K Václav Vich M Willy Schmidt-Gentner A Franz Schroedter S Carl Otto Bartning P Arnold Pressburger D Peter Lorre, Karl John, Renate Mannhardt, Gisela Trowe, Johanna Hofer | BRD | 98 min | 1:1,37 | sw | 7. September 1951

# 1007 | 12. Juli 2016