15.10.46

Die Mörder sind unter uns (Wolfgang Staudte, 1946)

Die Stunde Null, die keine ist. Schatten der schuldhaften Vergangenheit liegen über der zerstörten Stadt, über den geschlagenen Menschen. Ernst Wilhelm Borchert als Chirurg Dr. Mertens (= der Trübsinn) – ein Arzt, der kein Blut sehen kann, ein Mann, der über seine schlimmen Kriegserinnerungen zum Säufer wird. Hildegard Knef als junge KZ-Überlebende Susanne Wallner (= die Zuversicht), die dem gebrochenen Mediziner aufmunternde Stütze, gutes Gewissen, schließlich verständnisvolle Gefährtin ist. Der Mörder (einer stellvertretend für viele) erscheint als gemütlicher Dicker (Arno Paulsen), der als Wehrmachtsoffizier am Weihnachtsabend 1942 irgendwo im Osten ein Dorf ausradieren ließ. Nach Kriegsende ist Ferdinand Brückner (so heißt der joviale Unmensch) schnell wieder obenauf, verarbeitet Stahlhelme zu Kochtöpfen. Am Weihnachtsabend 1945 soll der Täter für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden ... Der erste deutsche Film nach der bedingungslosen Kapitulation, entstanden bei der sowjetisch lizensierten Defa. Wolfgang Staudte orientiert sich weniger am kargen Verismus des italienischen Nachkriegsfilms, eher an der delikaten Stimmungsmalerei des traditionellen Studiokinos. Nie (außer vielleicht in den Bombennächten) waren die Ruinen von Berlin so effektvoll illuminiert wie in diesem neoexpressionistischem Trümmermelodram, das auf die erzieherische Moral hinausläuft, nichts zu vergessen, aber stets auch hoffnungsvoll nach vorne zu schauen.

R
Wolfgang Staudte B Wolfgang Staudte K Friedl Behn-Grund, Eugen Klagemann M Ernst Roters A Otto Hunte, Bruno Monden S Hans Heinrich P Herbert Uhlich D Hildegard Knef, Ernst Wilhelm Borchert, Arno Paulsen, Erna Sellmer, Robert Forsch | D (O) | 90 min | 1:1,37 | sw | 15. Oktober 1946

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen