25.4.79

Série noire (Alain Corneau, 1979)

»Nous serons, toi et moi, les plus riches du monde.« Eine schlammige Brachfläche, irgendwo in der Pariser Banlieue, im Hintergrund Kräne und seelenlose Wohnblocks. Ein junger Mann im Trenchcoat steigt aus seinem Simca und improvisiert unter regenschwerem Himmel eine sonderbare Choreographie, spielt mit sich selbst Räuber und Gendarm, mimt zu den Klängen von Duke Ellingtons »Moonlight Fiesta« einen leidenschaftlichen Musiker, einen mondänen Tänzer, einen galanten Liebhaber. Der Prolog des Films gibt einen Vorgeschmack auf die Rollenspiele, die Franck Poupart, genannt »Poupée« (frenetisch: Patrick Dewaere), im Laufe der folgenden schmutzig-bizarren Geschichte darbieten wird. Franck ist ein Mann am Rand: am Rand der Stadt, am Rand der Gesellschaft, am Rand des Nervenzusammenbruchs; unterwegs als Handelsvertreter des Kaufmanns Staplin (aasig: Bernard Blier), gefangen in einer heruntergekommenen Ehe, trifft er eines Tages auf Mona (somnambul: Marie Trintignant), eine Halbwüchsige, die von ihrer schmierigen (und überraschend begüterten) Tante als Prostituierte gehalten wird – die ebenso lebhafte wie klägliche, zwischen Ekel und Ekstase schwankende Beziehung der beiden führt fast unweigerlich zu (Raub-)Mord und Totschlag ... Alain Corneau inszeniert Georges Perecs freie Adaption des Jim-Thompson-Romans »A Hell of a Woman« als pechschwarze Komödie, als hysterische Genreparodie, als galgenhumorige soziologische Betrachtung, als bis zur Kenntlichkeit verzerrtes Zeitbild voller Gewalt und Niedertracht. Aus Transistorradios plärren fröhliche Schlager und beschwingte Chansons von Boney M. und Gérard Lenorman, von Dalida und Sacha Distel, während Francks kaputte Welt restlos in Stücke fällt. Immerhin scheint im Totalverlust so etwas wie eine letzte Hoffnung auf: »On a plus rien à craindre, maintenant.«

R Alain Corneau B Georges Perec, Alain Corneau V Jim Thompson K Pierre-William Glenn M diverse S Thierry Derocles P Maurice Bernart D Patrick Dewaere, Marie Trintignant, Bernard Blier, Myriam Boyer, Andreas Katsulas | F | 111 min | 1:1,66 | f | 25. April 1979

# 1060 | 22. Juni 2017

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