20.4.70

L’éden et après (Alain Robbe-Grillet, 1970)

Eden und danach

»Bien entendu ce jeu est idiot.« – »Pas plus idiot que n’importe quoi.« Zwölf Themen. Imagination. Gefängnis. Männliches Geschlecht. Sperma. Blut. Türen. Labyrinth. Doppel gänger. Wasser. Tod. Tanz. Bild. Zwölf Themen, in zehn Reihen variiert. Selbstverständlich ist dieses Spiel idiotisch. Nicht idiotischer als irgendetwas anderes. Ein Café, das aussieht, wie von Mondrian gebaut. Darin eine Gruppe von Studenten. Ihre gedanklichen Experi men te. Ihre imaginären Abenteuer. Russisches Roulette. Diebstahl eines wertvollen Gemäldes. Nie passiert etwas. Suche nach einem Ausweg aus der Erstarrung. »Ihr jongliert mit Ideen«, sagt der geheimnisvolle Fremde, der eines Tages das Café der verlorenen Jugend besucht, »aber ihr schreckt davor zurück, euch dem Leben zu stellen.« Alain Robbe-Grillet lockt seine Protagonisten (und das Publikum) mittels eines unwiderstehlichen »poudre de peur« in ein filmisches Labyrinth, in ein illusorisches Laboratorium, in künstliche Paradiese, schreckt dabei nicht vor literarischen Verblüffungseffekten zurück (»L’image d’une somme est la somme des images.«), jongliert seinerseits fröhlich mit Ideen: mit extravaganten Einfällen und obsessiven Bildern, mit quälenden Reprisen und psychedelischen Spiegelungen, mit geometrischer Abstraktion und sexuellem Fetischismus. Und wie beim Domino legt Robbe-Grillet einen Spielstein an den anderen: écriture, architecture, composition, représentation. Ein Café, das aussieht, wie von Mondrian gebaut. Eine moderne Fabrik am Fluß. Eine alte arabische Stadt am Meer. Serialität und Aleatorik, Methode und Zufall, Mathematik und Assoziation, präzise Partitur und freier Fall der Würfel. Parodie eines Abenteuerfilms. An deutung eines Krimis. Ein Toter im Wasser. Ein gemeiner Giftmord. Eine Entführung. Ein Kunstraub. Keine Tiefe, nur Flächen. Kein Geschehen, nur Erzählmuster. Kein Motiv, nur ein MacGuffin. Un fantasme, un fantôme. Une image, une imagination. Ein wertvolles Gemälde. Darstellung eines weißen Hauses in einer arabischen Stadt. Hinter der blauen Tür, unter der flachen Kuppel: Frauen in Käfigen, ein Geheimnis, vielleicht. Scharfkantige Objekte. Fließen des Blut. Klebrige Flüssigkeiten. Cinéma. Réalité. Ma vie. L’éden et après.

R Alain Robbe-Grillet B Alain Robbe-Grillet K Igor Luther M Michel Fano A Anton Krajcovic S Bob Wade P Samy Halfon D Catherine Jourdan, Pierre Zimmer, Lorraine Rainer, Juraj Kukura, Ludovít Króner | F & CSSR | 93 min | 1:1,66 | f | 20. April 1970

# 829 | 17. Januar 2014

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