19.10.56

Der Meineidbauer (Rudolf Jugert, 1956)

»Das ist nicht mit zwei Worten zu erklären. Das ist ein Weg, den man da geht.« Schon die Titelsequenz läßt die dramatischen Brüche des (von Edgar G. Ulmer produzierten!) Films ahnen: Expressive Pinselschrift und kursive Fraktur stehen in leuchtendem Gelb vor lila bestrahltem Fels; dazu eine Musik (Friedrich Meyer), die unvermittelt zwischen einem unruhig treibenden Thrillerthema herrmannesker Prägung und traulicher Heile-Welt-Sinfonik wechselt. Rudolf Jugerts Anzengruber-Adaption verlegt den haßerfüllten Erbschaftsstreit um einen Bergbauernhof aus dem 19. Jahrhundert in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: Matthias Ferner (Carl Wery), der ein Leben lang als erster Knecht die zweite Geige spielen mußte, unterschlägt das Testament des verunfallten Stiefbruders, in dem dieser den Hof seiner Geliebten Paula Roth (Heidemarie Hatheyer) und seinen beiden unehelichen Kinder vermacht; vor Gericht bezeugt Matthias mit einem Meineid, daß es die Verfügung nie gegeben habe – wird jedoch in Folge von einem armseligen Amtsdiener erpreßt, dem ein Beweis des Unrechts in die Finger gelangt … »Wer will bestreiten, daß ich ein Recht habe?« fragt empört der vom Bruder übergangene Matthias. »Ich will mein Recht!« beharrt die betrogene Paula, die zu keinem Kompromiß bereit ist. Heimat erscheint in diesem steinharten Heimatfilm kaum als friedliches Refugium, vielmehr als nächtliche Landschaft des Vorwurfs, des Ressentiments, der Verachtung, wo auch die Natur stets ihr Doppelgesicht zeigt: Der majestätisch ragende Berg ist zugleich lebensgefährlicher Abhang. Die Schuld treibt den unfrohen Schuldiger vor sich her, der Fluch der bösen Tat droht, sich fortzutragen in die nächste Generation, wird aber – das Genre fordert seinen sentimentalen Tribut – zuletzt aufgewogen von der Liebe: »Da kann man jetzt nichts mehr machen.«

R Rudolf Jugert B Erna Fentsch V Ludwig Anzengruber K Roger Hubert M Friedrich Meyer A Max Mellin S Lilian Seng P Edgar G. Ulmer D Carl Wery, Heidemarie Hatheyer, Christiane Hörbiger, Hans von Borsody, Joseph Offenbach, Attila Hörbiger | BRD | 104 min | 1:1,37 | f | 19. Oktober 1956

# 877 | 10. Juni 2014

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