28.1.72

Blanche (Walerian Borowczyk, 1972)

Blanche

Es war einmal im 13. Jahrhundert: Ein (sehr) alter Burgherr (gespielt von Michel Simon, einer der unglaublichsten Fressen der Filmgeschichte) ist verheiratet mit der jungen, schönen Blanche, die nicht nur so rein ist wie eine weiße Taube, sondern der auch alles nachsteigt, was einen Schwanz hat: der Sohn des Alten aus erster Ehe, der König, der herzensbrecherische Page des Souveräns (Jacques Perrin). Was wie eine burleske Tür-auf-Tür-zu-Komödie beginnt, entwickelt sich langsam aber sicher zum ergreifenden Alles-oder-nichts-Drama. In zauberhaft schlichten Bildern (die ebenso an mittelalterliche Buchmalerei wie an frühe Stummfilmoptik erinnern) erzählt Walerian Borowczyk eine naive und zugleich preziöse Fabel von brennender Liebe und wahrer Unschuld, von lodernder Eifersucht und tödlicher Rache. Die Männer – triebgesteuerte und ehrpusselige Monstren – sind hier wirklich an allem (Unglück) schuld. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann … nein, nicht in diesem Fall.

R Walerian Borowczyk B Walerian Borowczyk V Juliusz Slowacki K André Dubreuil, Guy Durban M diverse A Walerian Borowczyk, Jacques D’Ovidio S Walerian Borowczyk, Charles Bretoneiche P Philippe d’Argila, Dominique Duvergé D Michel Simon, Georges Wilson, Jacques Perrin, Ligia Branice, Denise Péronne | F | 92 min | 1:1,66 | f | 28. Januar 1972

13.1.72

Trotz alledem! (Günter Reisch, 1972)

Während seine revisionistischen Ex-Genossen Ebert (Knebelbart), Scheidemann (Halbglatze) und Noske (Zwicker) vor dem verfaulten Gestern (= dem bourgeoisen Kapital und seinen fuchskragenbesetzten militärischen Schergen) zu Kreuze kriechen, ist der Blick des zuverlässigen Karl Liebknecht unbeirrt auf die rote Zukunft gerichtet, auf jene Zeit, da Klarheit und Wahrheit gesiegt haben werden. Von den diesbezüglichen revolutionären Kämpfen der Jahreswende 1918/1919 zur »geistigen und materiellen Erlösung der darbenden Massen« berichtet Günter Reischs zweites Liebknecht-Epos »Trotz alledem!« – der todgeweihte Held, den die Erzählung zum deutschen Lenin hochzustilisieren sich müht, agiert wiederum in erster Linie als Redner, schwärmt von »Feuer und Geist, Seele und Herz, Wille und Tat«. Manchmal wendet sich die Kamera (Jürgen Brauer) vom Vortragenden ab und der Hörerschaft zu – dann findet sie überraschend starke Bilder: mitreißende Massenchoreographien, aber auch intime, hintergründige Arrangements. PS: Der gesellschaftliche Umsturz bleibt letztlich aus, doch merke: »Wir werden geschlagen, aber wir sind nicht besiegt. Das ist nicht der letzte Kampf.«

R Günter Reisch B Michael Tschesno-Hell, Günter Karl K Jürgen Brauer M Ernst Hermann Meyer A Dieter Adam, Georg Kranz S Monika Schindler P Manfred Renger D Horst Schulze, Albert Hetterle, Erika Dunkelmann, Jutta Hoffmann, Ludmilla Kasjanowa | DDR | 125 min | 1:2,35 | f | 13. Januar 1972