28.11.63

Who’s Minding the Store? (Frank Tashlin, 1963)

Der Ladenhüter

»There’s nothing ›to‹ sale. Everything is ›on‹ sale and automatically sales itself.« Das New Yorker Kaufhaus ›Tuttle‹ als Inbild der kapitalistischen (Waren-)Welt. Alles wird verramscht, aber wenig ist zu haben – schon gar nicht Vertrauen oder Herzlichkeit oder Rückgrat. Norman Phiffier (Jerry Lewis) pfeift auf diese Welt, auf ihren Hang und Drang zum großen Geld. Er will nur 850 Dollar sparen, um ein nettes Mädchen zu heiraten. Das Tolle: Er hat ein nettes Mädchen (Jill St. John). Allerdings ist Barbara die Erbin des Konsumtempels (wo sie inkognito als Fahrstuhlführein arbeitet). Was sie (aus gutem Grund) vor ihm geheimhält. Und was der Kaufhauskönigin (sowie Mutter) Phoebe Tuttle (beinhart: Agnes Moorehead) schwer zu schaffen macht … Frank Tashlin schickt seinen (bedrohlich) gutmütigen Helden durch einen Bazar des galoppierenden Wahnsinns, durch ein Inferno der Verbrauchsprodukte (»I want you to give this nut every impossible, dirty job there is.«), läßt den armen Teufel sämtliche Stockwerke des Erniedrigungsangebots durchlaufen: Feinkost und Schlafmöbel, Herrenkonfektion und Damenschuhe, Waffen und andere Haushaltsgeräte (zum Beispiel ein verrückter Staubsauger als alles verschlingender und zerstört wieder ausspeiender Leviathan). Norman besteht die ihm auferlegten Prüfungen (»This boy has character, and I know what character is! I remember when I had it!«), und er gewinnt sein nettes Mädchen. Wahre Liebe triumphiert über die Liebe zu den Waren. Tashlin, der zynische Romantiker, macht es möglich. Bar oder auf Rechnung. PS: »The Typewriter«!

R Frank Tashlin B Frank Tashlin, Harry Tugend K W. Wallace Kelley M Joseph J. Liley, Leroy Anderson A Hal Pereira, Roland Anderson S John Woodcock P Paul Jones D Jerry Lewis, Jill St. John, Agnes Moorehead, John McGiver, Ray Walstone | USA | 90 min | 1:1,85 | f | 28. November 1963

# 787 | 31. Oktober 2013

22.11.63

Der Henker von London (Edwin Zbonek, 1963)

Täuschend echte Edgar-Wallace-Kopie aus dem Hause ›Atze‹ Brauner über ein anonym-klandestines Konsortium, das Kriminelle, die ihrer gerechten (= tödlichen) Strafe entgehen konnten, ebenderselben zuführt. (Nur scheinbar) parallel zu diesem Fall von Schattenjustiz entwickelt sich der Erzählstrang um einen ruchlosen Frauenkiller (Wolfgang Neuss würde sagen: »Was soll’s? Der Mörder ist Dieter Borsche.«), der ständigen Nachschub an Blondinen benötigt, um seine wissenschaftlichen Studien zur Trennung von Geist (= Kopf) und Körper voranzutreiben. Inspektor Hillier von Scotland Yard (engagiert: Hansjörg Felmy), dessen eigene Schwester Opfer des pathologischen Verbrechers wurde, tritt ermittlungstechnisch auf der Stelle, bis er seine (blonde) Verlobte Ann (Maria Perschy), die Tochter des pensionierten Richters Sir Francis Elliott (Rudolf Forster), eines Juristen, der zu Amtszeiten keine Gnade kannte, als Lockvogel ins Rennen schickt … Chris Howlands original-englische Scherzkeks-Auftritte erweisen sich als würdiger Eddi-Arendt-Ersatz; Kameramann Richard Angst trägt seinen Nachnamen völlig zurecht; mit hohem Sinn für makabre Stimmungsmalerei inszeniert Edwin Zbonek einen charmant-obszönen Talmi-Grusler alter Schule. 

R
Edwin Zbonek B Robert A. Stemmle V Bryan Edgar Wallace K Richard Angst M Raimund Rosenberger A Hans-Jürgen Kiebach, Ernst Schomer S Walter Wischniewsky P Artur Brauner D Hansjörg Felmy, Maria Perschy, Dieter Borsche, Wolfgang Preiss, Rudolf Forster | BRD | 94 min | 1:2,35 | sw | 22. November 1963