1.5.46

Cluny Brown (Ernst Lubitsch, 1946)

Cluny Brown auf Freiersfüßen

»Some people like to feed nuts to the squirrels. But if it makes you happy to feed squirrels to the nuts, who am I to say: ›Nuts to the squirrels‹?!« Ernst Lubitschs »Cluny Brown« ist eine nonchalante Verweigerung von »Erzählkino«, von Handlungsdruck, von Zuspitzung. »Cluny Brown« ist zärtliches Betrachten, neugieriges Belauschen, interessiertes Beschnuppern von Filmfiguren, die unter den Augen, den Ohren, dem Herzen ihres Erschaffers unversehens zu menschlichen Wesen werden: Cluny (Jennifer Jones), das naive Mädchen mit der bunten Phantasie, das leidenschaftlich gerne klempnert (auch zur Unzeit), Professor Belinsky (Charles Boyer), der exilierte Charmeur, dem jeder dankbar ist, wenn er ihm 20 Pfund leihen darf (später gerne mehr), Andrew (Peter Lawford), der schüchterne Idealist, der mit der Nase in sein Glück gestoßen werden muß (das gut zu Pferde sitzt), die unerschütterlichen Lords und ewiggärtnernden Ladies, die traditionsbewußten Butler und naserümpfenden Hausdamen, die pedantischen Apotheker und ihre mißbilligend hüstelnden Mütter, die allesamt das – latent kriegsbedrohte – Vorkriegsengland dieses Films bevölkern. Der Strippenzieher schickt seine geliebten Geschöpfe auf die Suche nach ihrem Platz im Leben, ermutigt sie inständig, das Richtige zum falschen Zeitpunkt zu tun. (Eichhörnchen für die Nüsse!) Lubitsch, ›the master of innuendo‹, wird nach dieser anmutigen Komödie kein weiteres Werk mehr vollenden – so ist »Cluny Brown« (man verzeihe das Pathos) auch das Vermächtnis eines großen Humanisten.

R Ernst Lubitsch B Samuel Hoffenstein, Elizabeth Reinhardt V Margery Sharp K Joseph LaShelle M Cyril Mockridge A J. Russell Spencer, Lyle Wheeler S Dorothy Spencer P Ernst Lubitsch D Charles Boyer, Jennifer Jones, Peter Lawford, Helen Walker, Reginald Owen | USA | 100 min | 1:1,37 | sw | 1. Mai 1946